Back to School

Schüler danken einem Jahre später noch

Back to School. Lehramt? Da hast du keine Aufstiegschancen und viel zu viel Ferien. Jura? Da studierst du ja ewig und BWL? Das macht doch eh jeder.

So oder so ähnlich waren die Reaktionen auf die damals vermeintlichen einzig existenten Studiengänge meines Umfelds. Ich, vor und nach dem Abi ziemlich planlos wie mein Leben weitegehen sollte, war verzweifelt. Ich selbst wusste nicht, was ich nach dem Abi machen möchte, während meine Zwillingsschwester zielstrebig ihrem allzeit bekannten Wunsch-Studium folgte und einige meiner Freunde auf Grund eines dualen Studiums sich bereits ihren Studienplatz gesichert hatten und sich nun entspannt zurücklehnen konnten.

Der Druck steigt

Je näher das Abitur rückte, desto größer wurde der Druck. Notgedrungen und wenig motiviert fing ich an, auf Berufsorientierungsmessen zu gehen. Jedes Mal kam ich frustrierter zurück als ich losgegangen war. Anstatt mich mit neuen Kontakten und vielversprechenden Informationsbroschüren zu brüsten, hatte ich mir den Bauch mit Gummibärchen vollgeschlagen und jede Menge Kugelschreiber und weitere give aways in meine am Eingang erhaltene Jute-Hipster Baumwolltasche gesteckt.

Notgedrungen und wenig motiviert fing ich an, Gespräche mit Freunden und der Familie zu führen. Die möglichen Empfehlungen zu meinem Studium waren weitreichender als je zuvor angenommen. Sie reichten von „einem zeitintensiven Studium mit aussichtsreichen Aufstiegs- und Karrierechancen“ bis zu einem Studium, das mich „durch und durch begeistert und mein Herz begeht“. Druck und Ahnungslosigkeit nahmen rasant zu. Meine letzte Rettung: die Berufsberatung der Arbeitsagentur. Voller Tatendrang stiefelte ich also zu meinem Beratungstermin, der in letzter Sekunde krankheitsbedingt abgesagt werden musste.

Heute studiere ich Jura und habe es nach 8 Semestern Regelstudienzeit bald beendet. Ich weiß, wie viele Schüler, insbesondere auf Grund des jungen Alters, nicht wissen, was sie nach dem Abitur machen möchten und kann sie auf Grund meiner eigenen qualvollen Studienorientierung gut verstehen. Ich möchte jedoch gerne helfen und meine Erfahrungen weitergehen. Aus diesem Grund bin ich bereits seit mehr als zwei Jahren Studienbotschafterin des Wissenschaftsministeriums für Forschung, und Kunst in Baden-Württemberg.

Aber was heißt das genau?

Ablauf eines Einsatzes

Je nach zeitlicher Kapazität gehe ich regelmäßig an Schulen und versuche durch eine Art Studienberatung, tiefe Verzweiflung vorzubeugen. In welcher genauen Form ich und meine 2- 4 Kollegen/innen, die jeweils andere Studiengänge und Hochschularten vertreten, eingesetzt werden, hängt von den zuständigen Lehrern ab. Diese können uns kostenlos beim Wissenschaftsministerium beantragen und das Ministerium übernimmt die Einteilung auf Grund unserer terminlichen Verfügbarkeit. Neben Schulmessen stellt der Regelfall die Vortragsform für die gesamte Jahrgangsstufe 1 dar.

Phase I: Präsentation im Plenum

Dabei wird zunächst eine Stunde eine interaktive Präsentation gehalten, bei denen die Themen a) Orientieren und Informieren b) Zulassung und Einschreibung und c) Lernen, Studieren und Finanzieren abgehandelt werden. Im Vordergrund steht jedoch auch hier unsere eigene, authentische Geschichte. Wo liefen bei uns Dinge schief? Wie bin ich aus möglichen Zwickmühlen wieder rausgekommen und wer oder was hat mir dabei besonders geholfen?

Anschließend folgen zwei mal 20 Minuten Kleingruppenphase, bei der sich die Schüler aufteilen können und zu demjenigen gehen, der sie persönlich oder fachlich am meisten interessiert.

Wesentliche Vorteile für Schüler

Auf den ersten Blick könnte man somit meinen, dass die zwei Stunden an der Schule insbesondere für diejenigen hilfreich sind, deren Studiengänge vor Ort repräsentiert werden. Dem ist aber gerade nicht so. Selten werden wir in unserer Kleingruppenphase explizit zu unserem Studium gefragt. Selten sitzen dort auch mehr als ein Hand voll Schüler/innen, die wirklich ernsthaft vorhaben, unseren Studiengengang zu studieren.

Die Schüler beschäftigen meisten ganz andere Dinge. So kommen häufig viel grundlegendere Fragen zu Tage. Wie sieht so ein Studentenalltag eigentlich aus? Wie viel muss man tatsächlich lernen und was ist eigentlich dieser Hochschulsport? Wie ist es eigentlich, in einer WG zu wohnen und was sind Wohnheime?

Die Fragen klingen banal, aber sie kommen in dieser Form fast jedes Mal vor. Sehr informierte Schüler/innen (meistens mit älteren Geschwistern) werden das eine oder andere vielleicht bereits wissen. Häufig fällt uns aber auf, dass gerade diese oft falsch informiert sind oder individuelle Antworten auf generell jedes Studium wie ein Mantel übergestülpt werden.

All diese Fragen können die Schüler bei uns loswerden. Wir können Ängste nehmen und als Ansprechpartner fungieren. Unser Vorteil: wir sind alterstechnisch nicht allzu weit weg. Wir können ein realistisches und aktuelles Bild vermitteln und Tipps und Tricks zum Umgang mit möglichen Startschwierigkeiten geben. Gleichzeitig können wir diejenigen, die ihr passendes Studium bereits gefunden haben, ermutigen, über gewisse „Fortgeschrittenenfragen“ nachzudenken.

Um den Schülern ein weiteres Spektrum anbieten zu können, gibt es auch die Möglichkeit, zusätzlich Ausbildungsbotschafter der IHK anzufragen. Die Anfangspräsentation variiert ein wenig, die Kleingruppenphase bleibt gleich.

Summa summarum ist das Projekt, das ursprünglich 2007 zur Verringerung der Zahl der Studienabbrecher eingeführt wurde, ein echter Erfolg. Eine Tätigkeit, die Dankbarkeit bringt, sinnvoll und erfüllend ist. Ein perfekter Ausgleich zum Studienalltag.

Bewerbungsprozess

Für all diejenigen, die immer noch dabei sind und sich fragen, wie man nun Studienbot-schafter werden kann. Studienbotschafter werden zwei Mal im Jahr ausgebildet. Dabei erfolgen zunächst eine schriftliche Bewerbung und anschließend ein Gruppenbewerbungsgespräch in angenehmer Atmosphäre. Zuletzt erfolgt ein 4-tägiges Ausbildungsseminar.

Phase II: Kleingruppen

Jetzt bist also Du gefragt! Damit alle ratlosen und vermeintlich ratlosen Schüler/innen nur noch wegen der neuen, schicken Kugelschreiber auf Berufsmessen gehen und dir für deine hilfreichen Tipps jahrelang dankbar sind, freuen wir uns auf deine Unterstützung. Also, ran an deine Bewerbung!

https://www.studienbotschafter.de/fuer-studierende-fuer-bewerbungen/als-studienbotschafter-bewerben/

150 Studienbotschafter landesweit
Über 500 landesweite Einsätze pro Schuljahr
Ausbildung zwei Mal im Jahr möglich
Projekt des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst BaWü​

Autorin: Linda Schneller.


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