Betrug im Internet

Karl-Heinz Miehling erzählt seine Geschichte über einen Anlagebetrug, bei dem er zehntausende Euro verlor.

Aufgrund einer Internet-Recherche hatte ich mich am 22.09.20222 auf dem Portal „Globaler Finanzmarkt“ eingeloggt. Das Portal versprach Gewinne beim Handeln mit Krypto-Währungen und weckte mein Interesse. Eine Frau Syuzann Schmidt meldete sich per E-Mail bei mir. Eine Ersteinzahlung über 600 Euro auf ein eingerichtetes Konto bei EASYCRYPOT4Y fand statt.  

Ende September bis Mitte Oktober 2022 überwies ich dann 6.500 Euro auf ein auf meinen Namen eingerichtetes Konto bei crypto.com. Dabei war mir eine Anlageberaterin namens Helen Groth behilflich. Mit dieser Person hatte ich ab 30.09.2022 über WhatsApp Kontakt und sie empfahl mir dann am 19.10.2022 folgenden Kontrakt: „Futures Contract for Solana Protection” mit einem Anlagebetrag von 7.000 € bei einer Laufzeit von 31 Tagen und einem garantierten Gewinn von 50-80 %. Dieser Empfehlung folgte ich.

Am Nachmittag bekam ich eine E-Mail von Lukas Sturm, dem angeblichen Leiter der Finanzabteilung von Blockchain mit Sitz in England, und teilte mir mit, dass ich bei einer „Promoaktion von Solana” einen Gewinn von 115.000 Euro in Bitcoins auf mein Handelskonto bei „Stams Limited“ gutgeschrieben bekam, mit dem Hinweis, dass ich mich bezüglich der Auszahlung an meinen zuständigen Sachbearbeiter wenden soll.

Am nächsten Tag in der Früh bekam ich gegen 09:00 Uhr einen Anruf, dass ich zur Freischaltung des Gewinns eine Zahlung von 11.500 Euro zu begleichen hätte. Dieser Aufforderung kam ich natürlich nicht nach, und mir kamen die ersten Bedenken eines möglichen Betruges.

Von meiner Finanzberaterin, Helen Groth, und anderen Personen wurde ich mehrmals aufgefordert, den Freischaltungsbetrag über 11.500 Euro doch zu bezahlen, damit mir das Geld mir ausbezahlt werden kann.  Ich verwies darauf, dass ich zum 20.11.2022 eine Auszahlung meines Solana-Futures erwarte und dann die Freischaltung durchführen werde.

Zum Auszahlungstag am 20.11.2022 meldete sich niemand bei mir, sodass ich Helen Groth und Lukas Sturm anmahnte, mir die vereinbarte Summe aus dem Solana-Zertifikat bis zum 24.11.2022 zu überweisen, unter der Androhung, einer Anzeige bei der Polizei wegen Anlagebetrug einzureichen.

Der Termin verstrich, ohne dass ich eine Rückmeldung von „Blockchain“ erhielt. Daraufhin erstattete ich am 25.11.2022 Anzeige bei der Polizei. „Blockchain“ nennt sich auch die Regulierungs-Behörde aller Krypto-Transaktionen, so wurde mir es dargestellt. 

Dann hörte ich lange nichts mehr.  

Am 04.01.2023 meldete sich Moritz Beckmann telefonisch bei mir und erklärte, dass Helen Groth wegen Unregelmäßigkeiten die Firma „Blockchain“ verlassen hätte. Er werde sich nun um meine Situation kümmern und das ausstehende Guthaben, das sich nun auf 125.192 Euro belief, zur Auszahlung bringen. Ich konnte mich bei dem Web Trader (https://s-capital.trade/) unter meinem Namen und unter der mir genannten Depotnummer einloggen und den Betrag von 125.192 Euro erkennen. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um ein Musterdepot, welches von den Mitarbeitern von „Blockchain“ auf meinen Namen eingerichtet worden war. Auf diese Möglichkeit der Manipulation kam ich erst wesentlich später darauf.

Den ganzen Januar waren Moritz Beckmann und ich beschäftigt, bei crypto.com ein neues Konto einzurichten, damit der Transfer des Geldes stattfinden konnte. Meinem „Helfer“ gelang diese Kontoeröffnung zwar, aber crypto.com unterstützte nicht die Dienste, die Moritz Beckmann benötigte.

Am 18.01.2023 erhielt ich von „Blockchain“ eine „Auszahlungsvereinbarung“ über ein mittlerweile angesammeltes Guthaben in Höhe von 132.192 Euro mit der Maßnahme, dass ich einen sogenannten Auszahlungszinssatz von 19.828 Euro zu zahlen hätte, damit das Guthaben freigeschaltet werden könnte. Dieser Betrag wurde nach Rücksprache mit Moritz Beckmann von „Blockchain“ auf 15.800 Euro reduziert. Mit Moritz Beckmann führte ich am 31.01.2023 diese Überweisung durch, allerdings nicht auf crypto.com, da der Dienst nicht unterstützt worden war, sondern auf eine Bank in Großbritannien. Meine Hausbank führte diese Überweisung durch, buchte mir den Betrag sofort wegen aufsichtsrechtlicher Gründe wieder gut. 

Am nächsten Tag stand die Polizei vor meiner Tür und ich zum Thema Geldwäsche befragt. Damit war für mich die Zusammenarbeit mit „Blockchain“ beendet.

Doch die Geschichte geht weiter. Ich bekam wieder eine Mail von „Blockchain“, diesmal von einem gewissen Peter Smith. Er informierte mich, dass sich mein Guthaben bei „Blockchain“ auf nunmehr 180.450 Euro angesammelt hätte. Ich teilte ihm wiederum mit, dass in Indien besuchte und erst wieder ab 20.03.2023 in Deutschland zu erreichen wäre. Peter Smith bat mich um meine Handy-Nummer und erklärte mir: 

Wir leisten jeden Tag harte Arbeit, um Ihre Sicherheit zu gewährleisten.

Es gibt noch einige Fragen, die wir mit Ihnen besprechen und klären müssen.

Es mag für Sie schwierig sein, aber bitte geben Sie mir eine WhatsApp-Nummer, unter der ich Sie erreichen kann.

Nach den letzten Diskussionen hat unsere Verwaltung beschlossen, Ihnen die Gewinnregulierung und die bürokratische Kontrolle

zu überlassen, ebenso wie die steuerlichen Unklarheiten (die in 3 Wochen bezahlt werden sollen), die gelöst werden müssen.

Ein (angeblicher) Mitarbeiter von „Blockchain“ namens Herr Schneider hat mich per WhatsApp am 10.03.2023 in Indien angerufen. Aufgrund der schlechten Verbindung wurde das Gespräch beendet.

Am 20.03.2023 schickte ich eine Mail an investigation@ndr.de mit der Bitte um Prüfung des Sachverhalts. Darauf erhielt ich von Benedikt Strunz die Antwort, dass es sich in meinem Fall um einen typischen „Boiler-Room-Scam” handeln. Mein Fall könnte aber im Einzelnen nicht geprüft werden.

In einem Anruf am 04.04.2023 von Moritz Beckmann dieser teilte mir mit, dass auf “my.onecapital-trade/dashboard” mein Kontostand sich nun auf 182.344 Euro erhöht hätte.

Der ausstehende Freischaltungsbetrag von 15.800 Euro wurde an 07.04.2023 durch die Mitwirkung von Moritz Beckmann und durch Einreichen eines von ihm empfohlenen Briefes – Schilderung meiner Finanzsituation – von mir verfasst, und an Blockchain-Verwaltung geschickt. Darin wird auf eine Reduzierung auf 5.000 Euro hingewirkt. Die Überweisung von 5.000 Euro führte ich am 11.04.2023 auf ein Konto bei Binance, lautend auf meinen Namen, durch. Moritz Beckmann überführte dann dieses Geld in 0,180852 Bitcoins.

Die im Brief dargestellte finanzielle Situation meiner Person genügte Blockchain nicht, um es bei der Reduzierung auf 5.000 Euro zu belassen. Sie forderten eine weitere Zahlung über 8.000 Euro ein, die ich am 13.04. auf mein Binance-Konto durchführte. Auch diese Summe wurde in 0,286235 Bitcoins durch Herrn Moritz Beckmann gewandelt.

Mir wurde versprochen, dass der Freischaltungsbetrag in Höhe von 13.000 Euro spätestens am nächsten Tag wieder auf mein Konto rücküberwiesen wird. Dieses Versprechen wurde leider nie eingelöst.

Doch auch das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange: Am 19.04.2023 erhielt ich eine Mail – angeblich von der englischen Steuerbehörde (HMRC: HM Revenue and Customs) – mit der Aussage, ich als deutscher Steuerzahler hätte auf den Gewinn von 182.334 Euro eine 30-prozentige Steuer in Höhe von 54.700 Euro zu begleichen.

Ein Vorschlag von mir, die Angelegenheit an einen Treuhänder zu übergeben, führte nicht zu Erfolg.

Am 09.05.2023 meldete sich eine gewisse Bianca Richter von der FCA (Financial Conduct Authority) mit einem „Certificate of Authenticity”. Sie versicherte mir, sich um den ausstehenden Betrag in Höhe von 180.999 Euro kümmern. Dazu musste ich mehrere Fragen beantworten. Einen Tag später bekam ich von derselben Person die Information, dass meine Unterlagen untersucht worden wären und dabei festgestellt worden wäre, dass ich berechtigt wäre, eine Auszahlung von 149.198 Euro zu erhalten. Um das Geld vom „eingefrorenen“ Konto zu überweisen, benötige ich eine aktive E-Wallet (Brieftasche) auf der Plattform von FCA, hieß es.

Dafür war es aber notwendig, in die Wallet 249,00 Euro einzuzahlen. Mit dem „eingefrorenen“ Geld könnte anschließend dann auch dieser Betrag mit Hilfe eines Rückgewinnungsexperten wieder zurückgeholt werden. Daraufhin erhielt ich in einer Mail die Nachricht, dass das Rückforderungsverfahren eingeleitet worden wäre. Ein Rückforderungsspezialist werde sich innerhalb von 24-48 Stunden bei mir melden.

Am 11.05.2023 meldete sich Vivian Fredrich telefonisch. Sie sagte mir, dass sie mein zuständiger Finanzexperte für die Rückforderung des Guthabens wäre und bei der FCA arbeitete. Sie verlangte nochmals die Belege, die ich zuvor bereits übermittelt hatte Mit Telefonaten am 15.05.2023 und 16.05.2023 versuchte Frau Fredrich mich zur Zahlung der ausstehenden Steuer über 15.000 Euro zu überreden. Ich war aufbrausend und brachte meine Vorstellung, einen Treuhänder einzuschalten, wieder zur Sprache.

Dies war zunächst der letzte Kontakt mit dieser betrügerischen Clique.

Am 02.06.2023 meldete ich mich nochmals auf dem Web Trader an und sah, dass das „Musterdepot“ auf meinen Namen nach wie vor besteht sowie ein (angebliches) Guthaben in Höhe von 46.192 Euro auswies.

Ich gehe davon aus, dass die betrügerischen Versuche damit nicht abgeschlossen sind, sondern nur pausieren, und ich in den nächsten Wochen wieder angerufen und mit neuen Ideen und Vorstellungen konfrontiert werde.

Von der Kriminalbeamtin, die meinen Fall seit Ende November 2022 bearbeitet, habe ich nie mehr etwas gehört. Ebenso wie von der örtlichen Polizei.

Karl-Heinz Miehling

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